Eine Panchakarma Kur in Südindien

Es ist Februar und mit lautem Knattern und permanentmn Hupen rasen die Auto-Rikshas an mir vorüber, überall ist es schreiend bunt und die Gerüche sind sehr intensiv – willkommen in Südindien! Auf geht´s mit meiner ayurvedischen Detox-Kur im Süden von Indien – im wunderschönen Kerala.

Panchakarma – eine tiefgreifende Reinigung des Körpers

Nachdem ich mit Ayurveda schon zahlreiche positive Erfahrungen gemacht hatte, wollte ich nun eine ayurvedische Detox-Kur durchführen. Was mich begeistert: Ayurveda ist keine Kur, sondern eine Einstellung, die den gesamten Lebenswandel betrifft. Die sogenannte Panchakarma-Kur ist mittlerweile auch in Europa recht geläufig. Dabei geht es nicht nur um eine intensive Reinigung des Körpers, sondern auch um eine Regulation und den gezielten Aufbau und die Verbesserung der Konstitution und auch eine geistige Entschlackung. Frei übersetzt bedeutet es „5 Handlungen“. Denn in der klassischen Therapie erfolgt die Reinigung auf fünf Wegen: das Erbrechen, Abführen, Einläufe, Nasenreinigung und die Blutreinigung.

 

 Vorbereitung für die Ayurveda-Behandlung © Jan Kunde – Withania

Üblicherweise besteht eine Panchakamra-Kur aus drei Phasen: Vorkur, Hauptkur und Nachkur – was insgesamt mehrere Wochen in Anspruch nehmen kann. Es gibt mittlerweile jedoch auch wesentlich kürzere Varianten bis hin zum Panchakarma-Wochenende. Nach umfangreicher Recherche und Beratung habe ich mich für die 21-Tage Variante entschieden, bei der man direkt mit der Hauptkur einsteigt. Auch wenn es mittlerweile fünf und zehn Tages-Kuren gibt: kürzer als die 21 Tage sollte es möglichst nicht sein.

 

Auf keinen Fall wollte ich irgendeine touristische Wellnesskur machen, die nur entfernt etwas mit echtem Ayurveda zu tun hat – also habe ich mich für ein kleines, sehr authentisches Ayurveda Resort in der Nähe von Trivandrum im südindischen Staat Kerala entschieden.

Pulsdiagnostik und Laborwerte zur Anamnese

Gleich nach der Ankunft werden wir dem ayurvedischen Arzt vorgestellt, der eine umfangreiche Anamnese durchführt. Besonders wichtig ist dabei die Pulsdiagnostik, anhand derer der Arzt verschiedene Konstitutionen und Krankheiten feststellen kann. Um das Ganze schulmedizinisch abzurunden, werde ich noch zu einem indischen Blutuntersuchungslabor geschickt, wo die üblichen Parameter, wie Blutbild, Blutfette und Leberwerte bestimmt werden. Als alle Informationen beisammen sind, wird mein Behandlungsplan für meine Panchakarma-Kur für die nächsten 21 Tage zusammengestellt. Außerdem verordnet mir der Arzt eine Vielzahl von Kräuterauszügen (Kashayam), die allesamt grauenhaft schmecken sowie Kräutertabletten.

Ghee-Fasten und Reiswasser

       Yoga in Südindien © Jan Kunde – Withania

Mein Tag beginnt jeden Morgen um 7.00 mit Yoga auf der Dachterrasse. Allein das ist schon ein Unterschied zu Europa: Yoga dient hier viel stärker der Körperertüchtigung als bei uns und ich fühle mich mitunter wie beim Schulsport. Die morgens noch angenehme Temperatur und das unvergleichlich goldene Licht Südindiens machen jedoch jeden Morgen zu einem einzigartigen Erlebnis.

Die Kur startet zunächst mit dem sogenannten Ghee-Fasten – der Vorbereitung auf das erste große Ausleiten. Dazu bekommt man für drei bis sieben Tage morgens in täglich steigender Dosierung warme geklärte Butter (Ghee) zu trinken, in die noch verschiedene bittere Kräuter gemischt sind. Um den leichten Würgereiz zu unterdrücken, kann ich auf Kardamomkapseln und Limettenstückchen kauen.  Durch die äußere Fettung (Ölmassagen) und die innere Fettung (Ghee-Fasten) zu Beginn der Kur sollen die meist fettlöslichen Giftstoffe mobilisiert und gebunden werden.

Außer dem morgendlichen Ghee gibt es noch literweise heißes Ingwerwasser zu trinken sowie mittags und abends noch eine Schüssel Reiswasser, das den Körper mit Energie und Kohlenhydraten in Form von Reisstärke versorgt.

 

In Deutschland hatte ich schon Erfahrung mit dem Heilfasten gemacht und fand das recht unproblematisch. Ganz anders sieht es jetzt mit dem Ghee-Fasten aus. Mein Körper wehrt sich ziemlich heftig gegen diese Fettmenge auf nüchternen Magen, mir ist übel und durch die ungewohnte Hitze in Südindien ist der Kreislauf etwas launisch.

Ayurvedische Massagen und Dampfbäder

Außerdem bekomme ich täglich für mindestens zwei Stunden ayurvedische Anwendungen, z.B. ayurvedische Massagen (Abhyanga) mit ganz speziellen Ölen. Wer jetzt allerdings an sanfte ayurvedische Ölmassagen denkt, hat sich geirrt. Zuerst bekomme ich eine Stempelmassage (Pinda Sveda). Dabei werden Kräuterstempel (Boli) zunächst in kochendes Öl getaucht und dann auf den Körper geklopft. Um die Giftstoffe weiter zu mobilisieren, werde ich danach heftig malträtiert. Das Gewebe wird geschlagen, geknetet, gequetscht und geklopft. Besonders der Speck oberhalb der Hüften muss ordentlich dran glauben. Ich bin mir ganz sicher: in Deutschland wäre das Körperverletzung. An den folgenden Tagen zeichnen sich deutlich blaue Flecken ab.  Immerhin gibt es zur Entschädigung danach einen entspannenden Stirnguss (Shirodhara).

 Ayurvedische Kräuterpackungen für den Kopf © Jan Kunde – Withania

Jeweils im Anschluss an die Massagetherapie  bekomme ich ein ayurvedisches Dampfbad (Svedana), bei dem ich in einer Art Schrank sitze, aus dem nur der Kopf herausschaut. In den Schrank wird dann heißer Dampf eingeleitet. Die Hitze weitet die Gefäße. Blut, Lymphe und Schadstoffe werden schneller Abtransportiert  und die Giftstoffe und Rückstände sollen so in Richtung Verdauungstrakt geleitet werden für die spätere Ausleitung. Bei Außentemperaturen von 35°C bis 40°C ist das nur eingeschränkt erfrischend und der Kreislauf hängt ganz schön durch. Im Gegensatz zum Heilfasten, bei dem man jeden Tag fitter wird, merke ich, dass mein Körper ganz schön zu kämpfen hat mit den Temperaturen und dem Ghee-Fasten und ich fühle mich jeden Tag schlapper – was allerdings ein ganz typischer Effekt für diese tiefgreifende Reinigungsprozedur ist.

 

Bereit für die Ausleitung

Aber alles hat ein Ende und nachdem an Tag fünf meine Nagelhäute fettig werden und ich überhaupt aus jeder Pore nach Ghee rieche, befindet der Arzt, dass es nun an der Zeit sei, das Ghee-Fasten zu beenden. Einen Tag darf ich nun essen, was ich möchte – natürlich alles ayurvedisch. Am folgenden Tag ist es dann Zeit für die Ausleitung und ich bekomme morgens ein Glas voll mit einem abführendem  Getränk, das gar nicht so übel schmeckt – es erinnert mich an Kakao mit Chili. Nach zwei Stunden beginnt es dann zu wirken, der Bauch grummelt und ich stürze recht häufig zur Toilette – nach dem 30. Mal höre ich auf zu zählen. Am frühen Abend scheint die Ausleitung endlich abgeschlossen zu sein und ich bin völlig erschöpft und fühle mich im wahrsten Sinn des Wortes „leer“.

Aufbau mit typgerechter Ernährung

So gereinigt beginnt am nächsten Tag die Aufbauphase. Zuerst stell ich mich aber noch auf die Waage – das Ghee-Fasten und Abführen müssen doch etwas bewirkt haben. Und tatsächlich! Ich habe acht Kilo verloren – ob das wirklich nur Fett sein kann?

Ich bekomme jetzt eine auf meine Konstitution abgestimmt Ernährung. Beim Ayurveda geht man von drei Grundtypen – den Doshas – aus: Vata, Pitta und Kapha. Dabei steht Vata für das Luftige, Kreative, aber auch Nervöse; Pitta ist das Feurige, Emotionale bis hin zum Cholerischen und Kapha steht für das Erdverbundene, aber auch Klebrige. Diese drei Elemente ins Gleichgewicht zu bringen, ist das Ziel einer jeden ayurvedischen Maßnahme.

Außerdem verschreibt mir der Arzt nun aufbauende und regulierende Kräuter in Form von Auszügen und Presslingen.

 

       Ayurvedische Pulvermassage © Jan Kunde – Withania

Wechselnde ayurvedische Massagen und Anwendungen bekomme ich weiterhin jeden Tag nach einem genau festgelegten Plan. Dabei sind es jetzt viel weniger Massagen mit Öl, sondern häufig Massagen  mit Pulvern, um mein vorherrschendes Kapha zu reduzieren.  Pulvermassagen (Udvartana) gehören zu den sehr intensiven Ganzkörperanwendungen. Auch Kopfpackungen gegen Erschöpfung und Stress und Rückengüsse mit nährendem Öl gehören zu unserem Programm.

Mit jedem Tag erhole ich mich mehr von dem intensiven Ghee-Fasten und der Ausleitung. Ich habe aber noch das Gefühl, mein Körper sei momentan extrem empfindlich und muss erst mal wieder sein Gleichgewicht finden. Andere Patienten verspüren sogar eine nie gekannte Leichtigkeit, Reinheit und Klarheit.

Nach drei Tagen typgerechter Ernährung stelle ich mich noch einmal auf die Waage. Ich habe fünf Kilogramm wieder zugelegt – wie vermutet war es nach der heftigen Ausleitung überwiegend ein Wasserverlust und so bleibt ein Minus von drei Kilo.

Diese Aufbauphase wird mit täglichen Anwendungen, vielen Kräuterauszügen  und typgerechter Ernährung weitergeführt. Ich werde jeden Tag wieder kräftiger und fühle mich besser, so dass wir jetzt auch Ausflüge unternehmen können.

Zum Abschluss der Kur stellt mir der Ayurveda-Arzt noch Medikamente für zu Hause zusammen. Ein kleiner Tipp: lassen Sie sich für diese Medikamente eine Quittung mit dem Stempel von dem Arzt ausstellen sowie einer Art Einnahmeschema. Ich wurde nämlich nach der Landung in Deutschland vom Zoll heraus gewunken, der sich sehr für meine zahlreichen Tablettenpackungen und Fläschchen interessierte. Erst nachdem ich die entsprechenden Papiere vorzeigen konnte, durfte ich passieren.

Ist eine Panchakarma-Kur empfehlenswert?

 Nach der Ayurveda-Behandlung © Jan Kunde – Withania

Ob ich diese Kur empfehlen kann und sie noch einmal machen würde, werde ich nach meiner Rückkehr oft gefragt. Und muss dies mit einem klaren Jein beantworten. Es war bereits meine dritte Reise nach Südindien – dadurch war mir schon vieles sehr vertraut, ich konnte mich gut auf die Kur einlassen und es war eine wunderbare Erfahrung. Mir persönlich scheint das Ghee-Fasten in Kombination mit der Klimaumstellung für einen Nordeuropäer zu belastend – besonders in der Winterzeit. Es wäre sicher mehr als günstig, wenn man sich für die Klimaumstellung zumindest drei Tage Zeit nimmt, bevor die Kur beginnt. Denn das Panchakarma ist eine sehr stark belastende Form der Kur. Und zu guter Letzt ist die Kur in einem authentischen indischen Ressort wirklich eine ernsthafte Therapie – für viele sicher zu viel Therapie und zu wenig Wellness.  

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