Tai Chi Chuan (TCC) ist eine traditionelle chinesische Bewegungskunst. Die langsamen, weichen und ineinander übergehenden Bewegungen (Schattenboxen in Zeitlupe) haben meditativen Charakter, und zeichnen sich durch ihren philosophischen Hintergrund aus. Die Bewegungsabläufe sollen zu innerer Ausgeglichenheit, Konzentration, zum Abbau von Spannungen und Förderung des gesundheitlichen Wohlbefindens beitragen.
Anwendung des Tai Chi
TCC kann von jung und alt, stark und schwach gleichermaßen ausgeübt und erlernt werden. Jeder hat die Möglichkeit, sich darauf einzulassen und zu lernen, denn der Weg des Erlernens ist das eigentliche Ziel. Durch einige Minuten Entspannung täglich kann ein Weg gefunden werden, das TCC gezielt und bewusst zu nutzen, ohne in sportliche Extreme zu verfallen. Man lernt durch ständige Wiederholung und Übung, und es sollte in Gruppen die Möglichkeit geboten werden, jederzeit wieder einzusteigen, sich über das eigene Lernniveau bewusst zu werden und auf diese Weise dort weiterzulernen, wo man aufgehört hat.
Tai Chi – der geschichtliche Überblick
Tai Chi Chuan beruht auf den vor zweitausend Jahren in China begründeten philosophischen Überlegungen des Taoismus, aus deren Theorien sich verschiedene Künste (z.B. Akupunktur, Medizin, Malerei etc.) herausgebildet haben. Im 12. Jahrhundert vereinte der chinesische Mönch Chang San-Feng einige dieser Richtungen zum Tai Chi Chuan, basierend auf den Begriffen Tai Chi (=höchstes Prinzip, Lehre von Yin und Yang und Chuan (=Faust, Form). Diese Form von chinesischer Bewegungskunst, die ursprünglich als Kampfkunst gedacht, jedoch auch von ihrem meditativen Charakter und philosophischem Hintergrund sehr geprägt wird, wurde anfangs fast durchgehend in Familienkreisen weitergegeben und entwickelt.
Die verschiedenen Stile des Tai Chi Chuan wurden in der Folge nach den Namen der Familien benannt, am bekanntesten ist heutzutage der Yang-Stil, benannt nach der Familie Yeung (Yang) aus der Provinz Hobel in China. Nach der Tradierung durch viele Generationen wurde der Stil im 19. Jahrhundert von Yang Lu-Chan noch einmal weiterentwickelt und über dessen Söhne und Enkel bis ins Jetzt beibehalten. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts verbreitete sich das Tai Chi Chuan bis in die großen Städte und wird heute in kommerziellen Schulen an die Masse des Volkes weitergegeben. Dabei ist bei uns fast nur noch der gesundheitliche Wert des Tai Chi Chuan bekannt, während seine Ursprünge aus der Kampfkunst des Kung Fu schon beinahe vergessen sind.
Die Theorie des Tai Chi
Tai Chi Chuan führt als alte chinesische Bewegungskunst, welche ihrem meditativen Charakter und philosophischem Hintergrund streng verbunden ist, durch langsame, weiche und ineinander übergehende Bewegungen zu innerer Ausgeglichenheit und Konzentration, zum Abbau von Spannungen und Förderung des gesundheitlichen Wohlbefindens. Ein anderer Name für diese alte Kunst ist das “Chinesische Schattenboxen”.
Während das Tai Chi Chuan in früheren Zeiten vor allem als Kampfkunst (besonders beeinflusst durch die Künste des Kung Fu) praktiziert wurde, steht heute der gesundheitliche Aspekt der weichen Bewegung und der Förderung von Flexibilität an erster Stelle. Erst nach Erlernen der Grundlagen können auch Waffenformen in das Übungsprogramm aufgenommen werden, indem der materielle Gegenstand der Waffe in die Bewegung integriert wird.
Tai Chi Chuan verzichtet als ganzheitliche Entspannungsmethode im Gegensatz zum westlichen Leistungssport auf jegliche Extreme, sondern will durch körperliche und geistige Erholung auf bewusste Weise zu mehr Aufmerksamkeit und Ausgeglichenheit verhelfen.
Auch die Meditation, welche beim Tai Chi Chuan geschieht, passiert in Bewegung, weil die gezielten Bewegungen eine entsprechende meditative Geisteshaltung ermöglichen. Die meditativen Aspekte des Tai Chi Chuan stehen in wichtiger Verbindung mit den Grundsätzen des Chi-Kung (oder Qi-Gong).
Es handelt sich dabei um eine Entspannungstechnik des alten Chinas mit unterschiedlichen Stilen und Formen, die alle das innere Training bzw. innere Arbeit zum Ziel haben und auf Meditation und Sammlung des Geistes ausgerichtet sind. Viele Aspekte der Kunst des Qi-Gong sind auch in das Tai Chi Chuan eingeflossen. Was die gesundheitliche Wirkung betrifft, hat das Tai Chi Chuan besonderen Einfluss auf die Stärkung des Rückens, durch den Dehneffekt der Wirbelsäule, sowie auf eine gleichmäßige Beanspruchung von Muskeln und Sehnen. Außerdem optimiert eine gerade Rückenhaltung die Arbeit des Nervensystems, das wiederum für die Regulierung aller lebensnotwendigen Körperfunktionen zuständig ist. Im Tai Chi Chuan stehen Körper und Geist durch den feinstofflichen Wesensbereich auf eigentümliche Weise miteinander in Verbindung, sodass eine körperliche Übung immer auch Einfluss auf den spirituellen Geisteszustand haben wird und uns nach langem Training ermöglichen kann, uns selbst als “ganz verbunden” mit unserer Umwelt und unseren Mitmenschen zu sehen.
In jedem Fall ist es wichtig, dass man das TCC bewusst und konzentriert trainiert, auch wenn die Übungen einfach aussehen mögen, denn es geht immer um ganz bewusste und gezielte Bewegungs- und Haltungsprinzipien. Die Tradition und die Bedeutung sowie der philosophische Hintergrund der verschiedenen Bewegungsformen müssen immer im Hinterkopf bewahrt werden, um das TCC wirklich sinnvoll zu betreiben. TCC soll uns helfen uns körperlich und geistig weiterzuentwickeln, in uns selbst Vertrauen zu haben und uns zu zentrieren, um den oftmals schwierigen Alltag gekonnt zu meistern.
Die Technik des Tai Chi
Im Prinzip geht es im TCC um die Übung auf drei verschiedenen Ebenen:
– körperliche Ebene –
Der Körper wird durch die Bewegung trainiert und in geringstmögliche Grundspannung gebracht. Die Muskeln, Gelenke und Sehnen werden gleichmäßig beansprucht und auf diese Weise geschmeidig und flexibel. Durch richtige Atmung wird der Körper optimal entspannt, Haltungsfehler werden korrigiert.
– energetische Ebene –
Der freie Fluss der Energie “Chi” wird ermöglicht, körperliche Beschwerden werden gemindert und Spannung fällt ab.
– geistige Ebene –
Innere Konzentration und Ruhe führen zu Ausgeglichenheit und Entspannung des Geistes, zu innerem Frieden und Freude der Seele.
All dies wird erreicht durch die drei Säulen des TCC-Lehrsystems.
Die Form
Diese wird aufrecht und mit den Füßen am Boden ausgeführt. Es ist eine Folge aus verschiedenartigen, langsamen Bewegungen, die nach und nach erlernt werden. Insgesamt dauert die ganze Form 20 Minuten, wenn sie vollständig ausgeführt wird. Sie unterteilt sich in drei Teile: die Basisübungen “Die Erde”, die aufbauenden Techniken “Der Himmel” und die Kombination der beiden vorangegangenen “Der Mensch”.
Bei der Form ist es wichtig, sich körperlich und geistig ganz bewusst auf die gerade ausgeführte Bewegung zu konzentrieren und einzulassen. Man unterscheidet im TCC die Lange Form, die Kurzform, Schwertform (eine Waffenform) und die Partnerform. (Partnerübungen siehe unten) Chi Kong
Wie bereits erwähnt sind verschiedene Bestandteile des Qi Gong in das TCC eingeflossen. Diese Atem- und Energieübungen, die eine spezielle Form der “Haltung” darstellen und auf diese Weise Blockaden und Verspannungen lösen, bilden die zweite Säule des TCC.
Die Partnerübungen
Diese sind ganz besonders wichtig im TCC, sie lehren uns Bewegung zu sehen und bewusst zu beobachten, sowie gezielt damit umzugehen bzw. darauf zu reagieren. Die wichtigste Grundübung ist das ”Pushing hands”=Tui-Shou (Hände schieben), für das es viele Erweiterungen und Verfeinerungen gibt. Man versucht hier sehr bewusst mit den Bewegungen des Partners umzugehen, ohne hart zu werden oder den eigenen Halt zu verlieren.
Die wichtigsten Grundsätze sind
-Die Balance von Yin und Yang (den Körper mit sich selbst in Einklang bringen).
-Den Körper von aller Gewalt und Anspannung zu befreien und doch wachsam zu sein.
-Seinen Partner “hören”, so dass jede seiner Bewegungen vorhersehbar wird.