Über eine Million Feriengäste kommen pro Jahr nach Rømø. Die meisten von buchen ihren Urlaub aber für den Sommer. Rømø im Winter ist hingegen noch nicht so beliebt, daher hat man momentan die Sandstrände in dieser Jahreszeit fast für sich allein.
Der Wind pfeift ums Haus. Der Regen klatscht gegen die Scheiben. Perfektes Urlaubswetter auf der dänischen Insel Rømø. So müssen wir wenigstens kein schlechtes Gewissen haben, wenn das Frühstück mal wieder etwas länger dauert – ein paar Stunden länger. Erst kurz vor der Tagesmitte räumen wir Teller und Tassen in den Geschirrspüler.
Einen offenen Kamin hat auch unser Haus. Jetzt am Morgen knistert darin noch kein Feuer. Am Abend aber werden wir ihn anzünden – und uns nach dem Saunagang davor kuscheln. Die Aussage der Tourismuschefin, das Fernsehprogramm betreffend, überprüfen wir deswegen nicht – immerhin, ein schicker Apparat steht im Wohnzimmer.
Mit dem Lenkdrachen am Strand
Am Nachmittag klart das Wetter dann doch auf, also schnell aus dem Haus und hinunter zum Strand. Der zieht sich auf knapp 20 Kilometern an der gesamten Westküste der Insel entlang – und ist so breit, dass man im Sommer sein Auto direkt neben Sonnenschirm und -liege parken kann. Obwohl dann der Strand zu einer offiziellen Straße wird, bleibt für die Badenden genügend Platz.
In Rømø im Winter, lässt man sein Fahrzeug ohnehin besser am Parkplatz an der Strandeinfahrt stehen. Der Regen der vergangenen Tage hat den Sand in Matsch verwandelt, und so mancher abenteuerlustige Fahrer kann seinen Strandausflug nur mit Hilfe des örtlichen Abschleppunternehmers beenden.
Ein Paar mit Labrador spaziert in der Ferne am Meer entlang. Hand in Hand, der Hund ein paar Schritte voraus. Wie in einem Scherenschnitt heben sich die Drei vom Horizont ab. Der Wind zaubert uns rote Farbe ins Gesicht und bläst die Alltagsgedanken aus dem Kopf. Das Meer bietet den Augen Auslauf, nichts, das sich ihnen in den Weg stellt. Die Wasseroberfläche wird zur Projektionsfläche der eigenen Träume. Lediglich ein Fischkutter tuckert langsam durchs Bild.
Dänischer Fisch vom deutschen Koch
Nach zwei Stunden ist der Wind dann doch durch die Kleidung gekrochen. Doch bevor wir ins kuschelige Ferienhaus zurückkehren, steht ein Abstecher in den Hauptort Havneby auf dem Programm. Im Sommer stehen die Feriengäste hier in langen Schlangen an der Kasse des örtlichen Lebensmittelladens, und einen Tisch im Restaurant bucht man dann lieber schon am Vortag. Ab September kehrt aber Ruhe ein, und Havneby wirkt ein bisschen wie ein Geisterort. Nur, dass hier die Häuser nicht wirklich verlassen sind – und nirgends Türen und Fenster im Wind schlagen. In Havneby ist alles nur winterfest gemacht, die Wohnungen stehen nur zeitweise leer. Rømø im Winter bietet also viel Ruhe. Im Sommer kehren die Gäste dann wie Zugvögel zu tausenden zurück. Im Winter gibt es keine Platzprobleme im Restaurant. Man sitzt mit den wenigen Einheimischen zusammen im Lokal, und weil jetzt jeder viel Zeit hat, kommt es schnell zu einem grenzüberschreitenden Dialog.
In Holms Røgeri&Restaurant serviert man den besten Fisch auf der Insel – zubereitet von einem deutschen Koch, der nach Dänemark ausgewandert ist. So jedenfalls nennt er das. Genau genommen ist er nur aus dem Nachbarlandkreis jenseits der Grenze hierher gezogen. Rund 50 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt kocht er jetzt – in Dänemark. Nur eine halbe Stunde ist man mit dem Auto nach Deutschland unterwegs und doch sind die Unterschiede groß. Das spüren nicht nur Urlauber. Das bestätigt auch der Koch. Viel entspannter gehe es zu im Nachbarland, sagt er. Deswegen will er hierbleiben und hat für sich und seine Familie auf Rømø ein Haus gekauft. Die Tochter ist Leichtathletin und trainiert für Olympia. Irgendwann will sie da mal an den Start gehen – für Dänemark.