Midlife-Crisis bei Männern: Ein schnelles Auto, eine junge Freundin auf Kosten der Angetrauten, kapriziöses und unstetes Verhalten. Das ist das Klischee für einen Vertreter des männlichen Geschlechts in den Mittvierzigern, in der Midlife-Crisis. Doch die Realität ist von der Jagd nach diesen Insignien von Jugend und Dynamik meilenweit entfernt. Das wirkliche Bild ist ein völlig anderes. Viele Männer sind in etwa um das vierzigste Lebensjahr und dann manchmal jahrzehntelang mit einer Reihe von Symptomen konfrontiert, die von einer rückläufigen Hormonbildung und einem gestörten Gleichgewicht der Hormone zeugen.
Oft verdrängen die Betroffen diese dem Klimakterium der Frau sehr ähnlichen Beschwerden, vermeiden das Selbstgeständnis der “Schwäche” und treiben sich so zusätzlich in die Enge. Frustration und Depressionen verstärken die “Männerleiden”. Der Arztbesuch bei den für das Hormontief typischen Symptomen wird meist vermieden, entweder aus Angst oder schlichtweg aus Uninformiertheit.
Männer im Wechsel: vom Leitwolf zum blassen Herdentier? Midlife-Crisis bei Männern
Im Zwischenhirn (Diencephalon), im sog. Hypothalamus, befindet sich die “Hormonzentrale” des Mannes. Von dort gehen Signale aus, die in der Hirnanhangdrüse (Hypophysis) die Hormon-Ausschüttung anregen. Eines dieser Hormone wirkt direkt auf die Hodenzwischenzellen (Leydig’schen Zellen).
Dort werden dann vor allem Testosteron – das wichtigste männliche Hormon – und Androstendion freigesetzt. Gemeinsam mit anderen Sexualhormonen (Androgenen) machen sie den Mann zum Mann. Sie sorgen für geschlechtsspezifische Merkmale wie Bartwuchs, Potenz, Muskelbildung und Zeugungsfähigkeit.
Mit zunehmenden Alter geht der Anteil des freien, biologisch wirksamen Testosterons zurück. Zudem verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen den Hormonen. Übergewicht, Alkohol, psychischer und körperlicher Stress sowie schwerwiegende Infektionen können den Hormonspiegel zusätzlich senken.
Androgenmangel und ein gestörtes Hormongleichgewicht – betroffen sind 30 bis 40% der über 65-jährigen gesunden Männer – wirken sich von Mann zu Mann unterschiedlich aus. Möglich ist eine Rückbildung der Muskulatur, der Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit, chronische Müdigkeit, die Vermehrung des Fettgewebes, die Abnahme der sexuellen Lust (Libido) und die Schwächung der Knochensubstanz.
Auch depressive Verstimmungen und Angstzustände lassen sich u. U. auf ein Hormontief zurück führen. Ob wirklich eine hormonelle Störung die Ursache der jeweiligen Beschwerden ist, kann nur der Arzt – der Urologe, Androloge oder Endokrinologe – feststellen.
Die folgenden Fragen dienen der Selbstkontrolle für die Midlife-Crisis bei Männern. Je mehr Fragen Sie mit “Ja” beantworten, desto angeratener ist ein Arztbesuch.
- Hat sich Ihr allgemeines Wohlbefinden verschlechtert?
- Haben Sie eine Abnahme Ihrer Aktivität bemerkt?
- Sind Sie in letzter Zeit häufig müde und haben erhöhtes Schlafbedürfnis?
- Leiden Sie an Schlafstörungen oder Durchschlafstörungen?
- Hat Ihre Tatkraft nachgelassen, und fehlt Ihnen die Lust zu Unternehmungen?
- Sind Sie in letzter Zeit nervöser als zuvor und klagen Sie über innere Unruhe?
- Sind Sie häufiger missgestimmt und reizbar?
- Hat bei Ihnen die Konzentrationsfähigkeit nachgelassen?
- Hat sich Ihr Bartwuchs vermindert?
- Haben Sie eine Abnahme Ihrer Muskelkraft bemerkt?
- Hat die Anzahl der morgendlichen Erektionen abgenommen?
- Haben Sie bemerkt, dass Ihre Libido – die Lust auf Sexualverkehr nachgelassen hat?
- Haben Sie festgestellt, dass Ihre Potenz nachgelassen hat?
- Haben Sie Kreuz-, Gelenk- oder Gliederschmerzen bei sich bemerkt?
- Leiden Sie häufig unter starkem Schwitzen?
TU Dresden – Dresdner Klinik und Poliklinik für Urologie
Ein Hormontief – von Medizinern auch als partieller Androgenmangel des alternden Mannes (PADAM) bezeichnet – kann Fitness und Wohlbefinden dauerhaft beeinträchtigen. Da es sich in einer Reihe von unspezifischen Symptomen, die auch auf andere Krankheiten hinweisen können, äußert, macht sich im Vorfeld einer weiter führenden Behandlung ein gründlicher Gesundheits-Check notwendig.
In einem weiteren Schritt wird der Hormon-Status getestet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die sog. Serum-Testosteronkonzentration von Mann zu Mann und im Tagesverlauf schwankt. Erst wenn alle “Fremdfaktoren” ausgeschaltet sind und klare Beweise für einen Androgenmangel vorliegen, kann eine Androgen-Substitutionstherapie (Ersatztherapie) zum Einsatz kommen.
Der Testosteronersatz kann auf vielfältigem Weg erfolgen: Verbreitet ist die Injektion von Testosteron-Estern. Solche Ester-Verbindungen aus Testosteron und einer organischen Säure haben eine enorm verlängerte Lebensdauer im Organismus, so dass nur alle zwei bis vier Wochen behandelt werden muss. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Testosteron-Kapseln, Testosteron-Sprays, Testosteron-Cremes und -lotionen angewandt werden. Wenig akzeptiert sind Testoteronpflaser, die auf die rasierte Haut des Hodensacks (Skrotalhaut) geklebt werden.
Auswahl und Dosierung der im individuellen Fall günstigsten Behandlungsvariante erfordern vom Arzt viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Während der Therapie sind regelmäßige Kontrollen nötig um seltene unerwünschte Nebenwirkungen sicher ausschließen zu können.
Hilfe verspricht: Körperliche und geistige Ertüchtigung
Obwohl sich die altersbedingten, ganz normalen Hormonveränderungen ohne eine Substitutionstherapie kaum beeinflussen lassen, gibt es viele Möglichkeiten, den Androgenspiegel lange Zeit auf hohem Niveau zu halten. Gesunde Ernährung, geistiges und körperliches Training sowie der Verzicht auf Alkohol helfen beim Erhalt von Lebenskraft und Lebensfreude.
Auch gegen die “psychischen” Fallstricke in der Midlife-Crisis gibt es Hilfe: Der Kontakt zu Freunden ist besonders wichtig. Der Mut zum Gespräch über die eigenen Sorgen darf dabei nicht fehlen. Aus einem freimütigen Gedankenaustausch ergeben sich ganz bestimmt Ideen für die Lösung der eigenen Probleme. Den Tag nicht zu nutzlos verstreichen zu lassen! Das ist besonders wichtig, wenn die Midlife-Crisis mit Isolierung und Einsamkeit – etwa durch Witwerschaft oder Arbeitslosigkeit – einher geht.
Wenn die Krise mit eigener Kraft nicht bewältigt werden kann, ist der Besuch eines Arztes oder Psychologen ratsam. Der Schritt von der Isolation zu professioneller Hilfe ist zwar noch immer für viele Männer eine Mutprobe. Doch der Nutzen einer derartigen Entscheidung lässt die anfänglichen Berührungsängste schnell in den Hintergrund treten.
Ihr bewährtes Hausmittel: Aphrodisiaka
Viele Männer verbinden ihr Hormontief mit mangelnder sexueller Lust und Potenzschwierigkeiten. Wundermittel aus Erotikmärkten sind in diesem Fall wenig hilfreich. Die Tropfen, Kapseln, Pillen und Cremes sind weder sexuell stimulierend noch potenzfördernd. Stoffe und Substanzen wie Koffein, Benzocain, Stierhoden, Testosteron, Cantharidin, Nikotinsäureester, Paprika- oder Cayennepfeffer Tinktur wirken vielleicht allgemein anregend, sie haben aber nichts mit Liebe, Lust und Leidenschaft zu tun.
Sofern keine ernsthaften organischen Störungen bei der Midlife-Crisis bei Männern vorliegen, kann oft schon eine “optimierte” Atmosphäre sehr stimulierend wirken. Gute Gerüche und leckere Gewürze mit ihrer anregenden und/oder entspannenden Wirkung können dazu beitragen. Schwarzer Pfeffer wird beispielsweise wegen seiner aphrodisierenden Wirkung geschätzt; der charakteristische, exotische Duft von Patchouliöl ist ebenfalls ein geschätztes Aphrodisiakum. Auch Kardamon-, Koriander-, Jasmin-, Rosen- und Ylang-Ylang-Öl werden von der Kräutermedizin empfohlen.